Mein Gastkommentar über den verqueren von einer pervertierten Schule geprägten Leistungsbegriff unserer Gesellschaft und seine Folgen im aktuellen Pippi-Magazin:
https://pippi-magazin.com/bin-ich-gut-genug/
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„Die UN-Kinderrechtekonvention ist mit ihren Standards der passende Rahmen für eine anspruchsvolle Kinder- und Jugendpolitik: Sie rückt junge Menschen in den Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit. Ein Grundprinzip aller Menschen, die für und mit Kindern arbeiten und leben, soll es sein, Kinder und Jugendliche als kompetente und eigenständige Persönlichkeiten wahrzunehmen. Ihre optimale Versorgung mit Wohn- und Lebensraum, Bildung und Betreuung, gesunder Nahrung sowie der Schutz vor Gewalt und Ausbeutung sind weitere wesentliche Ziele der Konvention. Denn Schutz, Vorsorge und Partizipation sind Voraussetzungen für die bestmögliche Entwicklung, auf die alle Kinder einen Anspruch haben.“ (https://www.kinderrechte.gv.at/) Die größte Herausforderung im Umgang mit den jungen Menschen in unserer Gesellschaft ist das Respektieren und die Akzeptanz Ihrer Subjekthaftigkeit. Das fällt uns im deutschen Sprachraum wohl auch deshalb schwer, weil wir den Heranwachsenden mit dem Begriff „das Kind“ bezeichnen, und ihn damit nicht nur sprachlich zum Objekt, zur Sache machen. Genau dort haken auch die konventionelle Erziehung und eine Vielzahl von pädagogischen Ansätzen ein, die davon ausgehen, dass es sich beim jungen Menschen um ein unfertiges, also noch nicht ganzes Wesen handelt, das zum vollen, zum richtigen Leben geführt werden müsse. Das richtige, das volle Leben ist dabei immer jenes, das der Erwachsene vorgibt (und meist nicht einmal vorlebt), der diese zu Kindern gemachten Menschen erzieht.
Unter dieser Perspektive sind so Formulierungen wie „als kompetente und eigenständige Persönlichkeiten wahrzunehmen“, „ihre optimale Versorgung mit Bildung“ oder „Partizipation“ immer mit dem Vorbehalt belastet, dass es sich eben um Kinder handelt und diese nur altersadäquat, also eingeschränkt für sich selbst sprechen können. Ein ebensolcher Vorbehalt haftet den Kinderrechten an, weil sie als eben für Kinder, also für Objekte, heruntergebrochene Menschenrechte verstanden werden, was sie aber nicht sind. Die Kinderrechtskonvention geht vielmehr davon aus, dass junge Menschen auf Grund ihres Alters besonders zu (be-)achtende Menschen sind. Mit den speziellen Formulierungen der Konvention für diese Altersgruppe wird ihnen aber nie und nimmer der Subjektstatus abgesprochen und damit auch keineswegs Tür und Tor für „Vergewohltätigung“ (Zitat Bertrand Stern) geöffnet. Nein, ganz im Gegenteil. Die besondere Schutzbedürftigkeit des Menschen ist nicht im Abtausch zur Einschränkung seiner Rechte zu haben. Denn: Alle Menschen sind gleich an Rechten und Würde geboren, also auch die jungen und die jüngsten. In der Praxis bedeutet dies, dass in allen Maßnahmen, die in der Begleitung dieser Heranwachsenden von Erwachsenen gesetzt werden, deren Recht auf freie Meinungsäußerung UND Mitbestimmung geachtet werden muss. Ebenso ist es Aufgabe der öffentlichen Hand, dass ihnen eine optimale Versorgung mit Bildung garantiert wird. Diese „Versorgung“ ist aber nicht auf die „Schule“ zu beschränken, denn dann würde der Staat ja das Menschenrecht auf eigene Meinung und Mitbestimmung eklatant missachten und die jungen Menschen zu halben Menschen oder noch weniger degradieren. Wenn wir also die Kinderrechtskonvention in unserem Land tatsächlich voll umsetzen wollen, nicht nur am Papier, sondern in der Praxis, so sind den Heranwachsenden alle Möglichkeiten frei sich zu bilden zur Verfügung zu stellen – und das kostenfrei. Und die gehen weit über das Angebot, das Schulen bieten können, hinaus. Denn dann könnte man keineswegs nach einem von Erwachsenen kreierten Curriculum vorgehen, sondern müsste den Interessen und Bedürfnissen der jungen Menschen folgen. Wer die Entfaltung eines Heranwachsenden tatsächlich Aufmerksamkeit schenkt, wird erleben, dass es keine Institutionen braucht, um tatsächlich zu lernen, weil dieser Vorgang ein völlig natürlicher, jedem Menschen innewohnender Prozess ist, der nicht von außen angeleitet werden muss. In diesem Sinn kann Bildung auch nicht zur Pflicht erhoben werden, weil sie ein Recht des Menschen ist – und zwar von Anfang an, ein Leben lang. Und genau das garantieren nämlich Kinderrechts- und Menschenrechtskonvention. |
Michael Karjalainen-Dräger
diplomierter Pädagoge und Bachelor of Education war 10 Jahre im öffentlichen Schulwesen in Wien als Lehrer tätig, danach 3 Jahre lang Leiter einer von ihm gegründeten "freien" Schule in Niederösterreich. Seit 2013 trainiert er Menschen, die jungen Menschen freie Bildungs-Räume öffnen wollen. Kategorien
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March 2020
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