Das Herumgeeiere der für das Schulsystem in Österreich Verantwortlichen anlässlich des Schülerstreiks für das Klima im Rahmen der weltweit stattfindenden „Fridays for future“ hat es einmal mehr eindrucksvoll bewiesen: Freiheit und Rechte haben dort keinen Platz, akzeptiert wird nur das Krank-Sein (in gewissem Ausmaß) und das Funktionieren. Wenn du dein Recht auf Meinungsfreiheit bzw. auf Demonstration wahrnehmen willst, dann sind das keine Entschuldigungsgründe.
Sowohl Bildungsminister Faßmann, als auch dem Wiener Bildungsdirektor Heinrich Himmer wäre es viel lieber, wenn die „Streiks“ nicht während der Unterrichtszeit stattfänden, sondern am Nachmittag. Der niederösterreichische Bildungsdirektor Heuras sah sich deswegen sogar veranlasst, einen Erlass herauszugeben, der es den Schulen „verbietet“, SchülerInnen aus diesem Grund freizustellen. Obwohl ihnen allen doch bekannt sein sollte, dass SchülerInnen auch am Freitag Nachmittagsunterricht haben bzw. für die Schule lernen, denn sie haben keine 40-Stunden-Woche wie ein erwachsener Arbeitnehmer, sondern sind oft bis zu 60 Stunden oder mehr mit ihren Aufgaben ang’hängt. Nun gab es aber Klassenvorstände, die (dennoch) von ihrem Recht auf Genehmigung einer eintägigen Freistellung junger Menschen vom Unterricht Gebrauch machten, andere wagten sogar eine Klassenexkursion zur Demo. Das Gute ist also letzten Endes nicht zu stoppen. Nun ist das Schulsystem ja auch in anderen Fällen nicht zimperlich, es sieht beim mehrmaligen unentschuldigten Fernbleiben nicht wie noch vor einem Jahr Gespräche vor, sondern verlangt von den Schuldirektionen eine Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft bzw. dem Magistrat, die dann aufgrund der geänderten Gesetzeslage eine Verwaltungsstrafe zu verhängen haben. So sieht Demokratie in der Schule also heutzutage aus. Und auch in den Schulen kann man bei allen guten Bemühungen nicht von demokratischen Verhältnissen reden. Wenn junge Menschen zwar mitbestimmen dürfen, wohin der Wandertag geht oder wer wann im Ballkäfig (sic!) spielen darf, aber nicht von ihrer Meinungsfreiheit im Hinblick auf den Inhalt und die Gestaltung des Unterrichts Gebrauch machen dürfen, dann ist das nicht bloß un- sondern ganz einfach antidemokratisch. Nun ja, in meiner Vision sind die Klimastreiks der Anfang vom Ende des heutigen Schulsystems. Denn irgendwann wird die „Energie der Straße“ nicht bloß für das Klima mobilisieren, sondern für eine grundlegende Veränderung von Schule. Das ist aus meiner Sicht nur noch eine Frage der Zeit – und wird durch solche diskriminierenden und unterdrückenden Maßnahmen der Verantwortlichen nicht gestoppt sondern auch noch befördert.
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Michael Karjalainen-Dräger
diplomierter Pädagoge und Bachelor of Education war 10 Jahre im öffentlichen Schulwesen in Wien als Lehrer tätig, danach 3 Jahre lang Leiter einer von ihm gegründeten "freien" Schule in Niederösterreich. Seit 2013 trainiert er Menschen, die jungen Menschen freie Bildungs-Räume öffnen wollen. Kategorien
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March 2020
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