Nun haben wir den Salat!
Der österreichische Nationalrat hat in der Vorwoche die sogenannte Ausbildungspflicht beschlossen. Da es sich um eine Verfassungsbestimmung handelt, musste diese Entscheidung mit Zwei-Drittel-Mehrheit gefällt werden. Die Regierungsparteien holten dafür die Grünen mit einem fragwürdigen Deal ins Boot, das kennen wir ja schon aus anderen Bereichen. In der Sache allerdings waren sich die drei Fraktionen grundsätzlich einig: die Verlängerung der "Verschulung" um zumindest 3 Jahre bis zum 18. Lebensjahr eines jungen Menschen. Was in der Diskussion davor so bedenklich war, ist die unhaltbare Verwechslung von Recht und Pflicht. Da jubelten sogar die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs über diese Maßnahme, die sicherstelle, dass kein Jugendlicher verloren ginge und ausbildungslos von Anfang an arbeitslos wäre. Sie forderten mit den Worten, dass es ein (Kinder- bzw. Menschen-)Recht auf diese Pflicht gäbe, sogar die Einbeziehung von AsylwerberInnen. Und hier befinden wir uns im gefährlichen Sumpf des bewussten oder unbewussten, gewollten oder ungewollten, jedenfalls wirksamen Austausches zweier zwar zusammengehöriger aber nicht gegeneinander zu wechselnden und damit nicht zu verwechselnden Begriffe. Das Recht auf Bildung kann und darf niemals durch eine Bildungs- und schon gar nicht durch eine Ausbildungspflicht ersetzt (oder wie es im Schönsprech heißt: garantiert) werden. Das wäre so als ob ich ein Recht auf Frieden durch die Pflicht zum Krieg erreichen wollte oder ein Recht auf Freiheit durch die Pflicht zur Sicherheit. In diesen extremen Beispielen (die leider durchaus alltäglich sind) wird der Wahnsinn einer solchen Verwechslung deutlich. Daher gilt es weiterhin - und noch viel mehr als vorher - für ein lebenslanges, von der öffentlichen Hand finanziertes Recht auf Bildung einzustehen, um jungen Menschen eine tragfähige Lebensgrundlage zu sichern und durch gelebte Besipiele jene zu überzeugen, die meinen, mit einer Pflicht zur Ausbildung wäre dem schon Genüge getan. Auf geht's!
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Michael Karjalainen-Dräger
diplomierter Pädagoge und Bachelor of Education war 10 Jahre im öffentlichen Schulwesen in Wien als Lehrer tätig, danach 3 Jahre lang Leiter einer von ihm gegründeten "freien" Schule in Niederösterreich. Seit 2013 trainiert er Menschen, die jungen Menschen freie Bildungs-Räume öffnen wollen. Kategorien
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March 2020
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