Gedanken zum Tag der Menschenrechte
Heute am Tag der Menschenrechte will uns bewusst werden, wie sehr das Leben und alles Lebendige auf diesem Planeten, unserer Erde, mit Füßen getreten werden. Wenn wir von Menschenrechten sprechen, dann plädiere ich für eine Ausdehnung des Begriffs auf Lebensrechte, damit alles Lebendige, Tiere und Natur etwa, inkludiert wird. Natürlich sind auch die jungen Menschen, die in unserem deutschen Sprachraum mit dem sächlichen Begriff “Kind” bezeichnet werden, da mit hinein zu nehmen. Zwar gibt es ja eine eigene Kinderrechtskonvention und mehrere Möglichkeiten, die Kinder an internationalen Tagen im Jahr zu feiern, aber diese Sonderstellung bedeutet für mich auch eine Diskriminierung dieser Gruppe von Menschen. In der Institution Schule etwa wird das Besondere gerne mit Integration (die eigentlich Segregation und nicht Inklusion ist), sonderpädagogischem Förderbedarf oder gar “Einweisung” in eine Sonderschule bestraft, also ausgesondert. Auch unsere Gesellschaft, als Abbild dieser Art von Schule, steht eher für Exklusion. “Besonders” wird man für Gesellschaft und Schule schon dadurch, dass man “Nein” sagt, Nein zu diesem Unterricht etwa, nein zu dieser Art von Umgang miteinander, Nein zu einer Antwort auf eine Frage, die man gar nicht gestellt hat und die einen nicht interessiert. Dieses Nein wird auf verschiedene Weisen ausgedrückt - und in der Regel missverstanden. Da gibt es die SchulverweigerInnen, die nicht (mehr)zu “beschulen” sind. Da gibt es die jungen Menschen, die krank werden an Körper und/oder Seele, jene, die nicht “mitkommen” (wollen) oder die, die sich vor lauter Missachtung ihrer Bedürfnisse nur noch über alles lustig machen und der Klassenkasperl werden. An diesen Um-und Zuständen leiden alle Beteiligten, auch LehrerInnen und Eltern. Diese Um- und Zustände zu ändern aber haben auch alle Beteiligten in der Hand. Das ist gute Botschaft. Jede/r kann dazu beitragen, die Strukturen unseres Bildungssystems zu wandeln. Wenn wir wirklich wollen, das ungezwungene junge Menschen ihr Leben leben dürfen, ganz sie sein dürfen, dann ist es zuerst einmal notwendig, auf die Fragen dieser Menschen zu hören, ihnen die Zeit zu schenken, das ihre auszudrücken und ihnen dann den Raum zu geben, der ihnen ermöglicht, Antworten auf ihre Lebens-Fragen zu erhalten - und ihr Leben zu leben. Das mag utopisch klingen, das mag viele Fragen aufwerfen, die nach Antworten rufen - ja! Aber ein Prozess ist ein Weg und der findet in Schritten statt. Schritt für Schritt werden Fragen entstehen und Antworten gefunden, Schritt für Schritt wird das entstehen, was entstehen muss, wenn Menschen ihr “Sich-Bilden” beginnen und das “Gebildet-Werden” hinter sich lassen. Und dieser Weg mag auch mit Unsicherheit ja sogar Angst verbunden sein, weil er so ungewiss ist - oder wie Bertrand Stern anlässlich des 1. “Nie-mehr-Schule”-Aktionstages im heurigen September in Wien sagte: “Wie diese Landschaften der Bildung außerhalb der Institution Schule aussehen, weiß ich auch nicht, ich weiß aber, dass es sie gibt!”. Aber er ist ein Weg in ein würdiges Mensch-Sein, dass die Lebensrechte alles Lebendigen respektiert. Wem all dies bewusst wird, der kann dem “Nein” eines jungen Menschen kein “Ja, aber” entgegensetzen, der will sich daran machen, diese neuen Wege zu beschreiten. Ich freue mich, wenn viele in dieses Bewusstsein kommen, sich an der Gestaltung von Räumen oder Landschaften des “Frei-sich-Bildens” beteiligen und damit diesem Feiertag der Menschenrechte seine Würde und Bedeutung verleihen. Am 15.9.2016 dann, am “Internationalen Tag der Bildungsfreiheit” können diese heute gestarteten Bemühungen im Rahmen des 2. “Nie-mehr-Schule”-Aktionstages sichtbar werden und eine neue, zukunftsträchtige Ära der Bildung einläuten.
3 Comments
veganchris
10/12/2015 17:36:39
Schön geschrieben, auf den Punkt gebracht und gibt Hoffnung für die Zukunft :)
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Pippi Langstrumpf
10/12/2015 23:13:01
Ich wiederhole: Der Weg in ein würdiges Menschsein, der die Lebensrechte alles Lebendigen respektiert!
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11/12/2015 17:58:43
all dem habe ich nichts hinzu zu fügen... das ist der Kern... der Kern des Friedens
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Michael Karjalainen-Dräger
diplomierter Pädagoge und Bachelor of Education war 10 Jahre im öffentlichen Schulwesen in Wien als Lehrer tätig, danach 3 Jahre lang Leiter einer von ihm gegründeten "freien" Schule in Niederösterreich. Seit 2013 trainiert er Menschen, die jungen Menschen freie Bildungs-Räume öffnen wollen. Kategorien
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