Die Schule hat uns wieder. Und wie ...
Am Montagmorgen hat Radio Wien den rasenden Reporter Hadschi Bankhofer vor die eine und die andere Schule Wiens geschickt, um ein Stimmungsbild einzufangen. Eines der Gespräche war symptomatisch für all das, was die Institution "Schule" mit den Menschen macht, die einmal neugierig und wissensdurstig zur Welt gekommen sind. Nach einem kurzen Eingangsgeplänkel kam die Sprache auf Mathematik, die einer befragten Schülerin so gar nicht liegt. Der Reporter ergänzte dazu, dass auch er Mathematik gehasst habe und bis heute vor größeren mathematischen Aufgaben kapituliere. Dennoch wünschte er der Befragten einen guten Schulstart und schloss seinen Live-Einstieg in die Morgensendung des Senders mit den tröstlichen Worten, dass die nächsten Sommerferien bestimmt kämen. Frappierend für mich, dass sich alle, die von der Schule betroffen sind oder sich mit der Schule beschäftigen, diese oder ähnliche Wehklagen kommen, niemand aber willens ist, die Sache zu ändern. Schule scheint's ist gottgegeben oder ein Naturgesetz, die gegen jeglichen menschlichen Veränderungswillen immun ist. Sie ist es aber bloß insofern, als selbst die Änderungswilligen systemimmanent denken und für Reformmaßnahmen plädieren. Jede Reform aber hat die Tendenz, das Bestehende trotz allen guten Willens weiter zu manifestieren. In Systemen, die so alt und so überholt sind, nützt allerdings nur noch ein Neustart ohne die Altlasten des Vergangenen. Daher ist der österreichischen Bildungspolitik dringend anzuraten, sich ein Beispiel an dem zu nehmen, was Menschen ganz ohne LehrerInnen aus eigenem Antrieb und Interesse lernen. Das auf diese Weise durch eigene intrinsische Motivation Erworbene sitzt dann ein Leben lang. Dieser Art von "Lernvorgang" stehen ja auch nicht künstlich geschaffene Curricula und Lernmethoden im Weg. Das ist auch schon das ganze Geheimnis. So plädiere ich auch an diesem Schulanfang erneut für ein lebenslanges Recht auf Bildung - und nicht eine Verlängerung der Ausbildungspflicht bis 25, wie sie Kanzler Kern kürzlich vorgeschlagen hat - das von der öffentlichen Hand finanziert wird. Ich bin fest davon überzeugt, dass damit die ledivollen Gespräche zum Schulanfang und die Betroffenheit aller Beteiligten (ob LehrerInnen, Eltern, SchülerInnen oder zuständige BeamtInnen und PolitikerInnen) der Vergangenheit angehören und "Lernen" zu einem ganz normalen Teil des menschlichen Lebens wird, weil es nicht mehr an die Institution Schule und ihre Qualen gebunden ist.
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Michael Karjalainen-Dräger
diplomierter Pädagoge und Bachelor of Education war 10 Jahre im öffentlichen Schulwesen in Wien als Lehrer tätig, danach 3 Jahre lang Leiter einer von ihm gegründeten "freien" Schule in Niederösterreich. Seit 2013 trainiert er Menschen, die jungen Menschen freie Bildungs-Räume öffnen wollen. Kategorien
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March 2020
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