Gestern erhielt ich via OTS eine Presseaussendung aus dem Bildungsministerium mit dem Titel "Hammerschmid: 'Schuljahr 2015/16 ist bald geschafft!'". Darin freut sich Sonja Hammerschmid laut ihrer Pressesprecherin Patrizia Pappacena "für die Schülerinnen und Schüler, die LehrerInnen und Lehrer, die dieses Schuljahr mit Motvation und Engegement beendet haben." Und weiter: "Nun stehen die Sommerferien vor der Tür und es kann wieder Kraft für das nächste Schuljahr getankt werden“
Dazu will ich folgendes sagen: Im ersten Satz ist für mich nicht klar, ob sich die Ministerin nur für jene freut, die motiviert und engagiert waren - und all die anderen, die meiner Wahrnehmung nach in der deutlichen Mehrheit sind, ausspart; oder ob es darum geht, dass alle in den letzten Tagen engagiert und motiviert am Ende des Schuljahres gearbeitet haben, so unter dem Motto: "Hoffentlich ist das Ganze bald vorbei." Die Sprache is a Hund'. Die Eltern, die ja von der Institution Schule kräftig zur Mitwirkung gebracht werden - sei es finanziell oder durch die Erledigung von Hausübungen für ihre Kinder oder zumindest deren Unterstützung bei diesen Aufgaben -, werden hingegen mit keinem Wort erwähnt. Die vielzitierte Schulpartnerschaft sieht anders aus. Im zweiten Satz gibt es einen klaren Arbeitsauftrag an - ja an wen? - wieder Kraft für das nächste Schuljahr zu tanken; wohl mit dem Hintergrund, dass alle wieder funktionieren mögen und auf diese Weise den Unterrichtsvollzugsanstalten noch ein langes Leben beschert ist. Das ist entlarvend. Da ist jemand gerade mal einige Wochen im Amt und bedient sich der alten Rituale und Sager. Eine Tragödie. Tragödien aber haben einen tiefen Sinn, nämlich eine Karthasis einzuleiten, die zum Wandel beitragen will. Möge die Tragödie der Institution Schule, die in den Worten der neuen Bildungsministerin deutlich wird, dazu dienen, den dringend nötigen Bildungswandel zu beschleunigen. Die ProtagonistInnen namens SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen spielen dabei tragende Rollen. Und sie alle haben die Macht, den Wandel möglich zu machen, sind sie doch in der Mehrheit. Na dann ... schöne Ferien, also schul-freie Zeit zum Regenerieren, Reflektieren und Planen wie ab Herbst alles anders werden kann. Übrigens: Am 15.9.16 begehen wir den Tag der Bildungsfreiheit mit dem nächsten "Nie-mehr-Schule"-Aktionstag. Detailinfos demnächst an dieser Stelle! JedeR kann AktionärIn werden und damit auf die je eigene Art zum Bildungswandel beitragen.
4 Comments
Nicole Bachleitner
1/7/2016 16:02:40
Hallo! Meine ehrliche Meinung zu der Aussage der Pressesprecherin: sie hat sich überhaupt nichts dabei gedacht. Es wurde nur eine klassische Floskel übermittelt, die zeigt, dass auch Fr. Hammerschmid bemerkt hat, dass das Schuljahr zu Ende geht. Nicht mehr und nicht weniger. Natürlich ist das traurig, aber einen tieferen Sinn würde ich in dieser Aussage nicht vermuten und daher auch nicht suchen.
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2/7/2016 07:40:55
Tieferen Sinn sehe ich darin auch keinen. Diese leeren Rituale und Floskeln am Ende eines Schuljahres sind sinn-frei, wenn nicht sogar sinn-los. Genau das will ich mit meinem Beitrag aufzeigen. Und die Gefahr, dass auch in solche Leerformeln etwas hineininterpretiert werden kann. Das alles ist nicht nur traurig sondern auch tragisch. Durch das Tragische aber bekommt es doch wieder Sinn, nämlich den von mir beschriebenen. Darin sehe ich eine Chance, dass sich die Betroffenen endlich mal auf die Hinterfüße stellen und Solches als "Kick" begreifen, um die Sache selbst in die Hand zu nehmen und das Not-wendige zu tun. Dazu empfehle ich die Lektüre den Beitrag "Bundespräsident Malchus Stein zu 'Schule ade' 2040" in Bertrand Stern: Frei sich bilden - Entschulende Perspektiven", Leipzig 2015 und Bertrand Stern, Saat der Freiheit, Klein Jasedow, 2016.
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Denise Fischer
1/7/2016 22:31:16
Eine aussagelose Floskel. Da sieht man die leere Hülle der Person. Ein Mensch würde sich Gedanken machen. Reflektieren. Erneuern... Das tun bereits Eltern, es werden immer mehr... Zum Glück. <3
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2/7/2016 07:53:46
Ja, glücklicherweise gibt es diese PionierInnen, die auf das Nein ihrer Töchter und Söhne zu den pädagogischen Institutionen hören. Sie brauchen jede Unterstützung, da man ihnen unter dem Vorwand, sie als "Kinder" zu schützen, das Recht auf Mitbestimmung nimmt und es in die Hände von Erwachsenen gibt. Sicher verdienen die jungen Menschen eine besondere Rolle und eine besondere Begleitung, nicht aber den Entzug der Menschenrechte. Jetzt kommt es auf die Solidarisierung aller an, die unter den pädagogischen Institutionen und ihrer strukturellen Gewalt (vgl. Franziska Klinkigt, Wer sein Kind liebt - Theorie und Praxis der strukturellen Gewalt, Leipzig 2015) leiden, damit alsbald eine kritische Masse erreicht wird, die den Wandel in Bewegung bringt.
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Michael Karjalainen-Dräger
diplomierter Pädagoge und Bachelor of Education war 10 Jahre im öffentlichen Schulwesen in Wien als Lehrer tätig, danach 3 Jahre lang Leiter einer von ihm gegründeten "freien" Schule in Niederösterreich. Seit 2013 trainiert er Menschen, die jungen Menschen freie Bildungs-Räume öffnen wollen. Kategorien
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